Ein Jahr mit dem Stern

2017-2018

Ich hatte einen großen Willen, über die Menschen zu erzählen. Über sensible Menschen, über starke Menschen. Egal welche Nationalität wir tragen, haben wir ja alle eines gemeinsam: dieses Menschliche. Elena Kaufmann, 2018

Galerie

Auswahl aus der Serie
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Prof. Dr. Kai Uwe Schierz, Direktor Kunstmuseen Erfurt über die Ausstellung "Ein Jahr mit dem Stern"

Als die Fotografin Elena Kaufmann im Jahr 2012 von St. Petersburg nach Erfurt zog, hatte sie ein Studium der Dokumentarfotografie und auch schon einige Erfahrungen in diesem Metier im Gepäck, so ihre Arbeit über eine jüdisch-orthodoxe Schule für Jungen in St. Petersburg – das Thema ihrer Diplomarbeit. In Erfurt lernte sie Menschen kennen, die großes Interesse für die Fotografien ihrer Diplomarbeit zeigten und sie mit Menschen aus der jüdischen Gemeinde Erfurt bekannt machten. Zu vielen konnte Elena Kaufmann enge persönliche Beziehungen knüpfen, begünstigt durch die russische Sprache und ihre gemeinsamen biografischen Wurzeln in Russland. Sie verbrachten Zeit miteinander, das gegenseitige Vertrauen wuchs und schließlich wurde es Elena Kaufmann auch gestattet, im Alltag der Gemeinde zu fotografieren. Schritt um Schritt reifte in ihr der Wunsch, die Erfurter Gemeinde auch systematisch fotografisch zu begleiten, den Alltag ebenso wie die religiösen Feste. Anfangs überwog bei den Gemeindemitgliedern eine gewisse Skepsis und es kamen Fragen auf wie jene, ob sie sich für ein solches Projekt nicht lieber eine größere und repräsentativere jüdische Gemeinde suchen wolle, beispielsweise in Berlin? Dort könne sie schließlich besser erfahren, was jüdisches Leben bedeute. Dagegen passiere in Erfurt nun mal nicht viel. Aber nein, das wollte Elena Kaufmann nicht. Ihr ging es in erster Linie um die konkreten Menschen, die sie kennengelernt hatte, um ihre Geschichten, ihren Alltag, ihre Feste, erst in zweiter Linie um die Erschließung ihres jüdischen kulturellen und religiösen Hintergrunds in einer deutschen Großstadt. Die Gemeinde in Erfurt ist klein und das jüdische Leben, das sie in der Stadt entfaltet, fragil. Für ihr Projekt schein das Elena Kaufmann nicht von Nachteil zu sein, eher das Gegenteil: Es weckte zusätzlich ihr Interesse, sich intensiv fotografisch mit dieser Situation zu befassen.

Fragt man, was den besonderen Wert dieser über Wochen und Monate kontinuierlich anwachsenden Serie ausmacht, dann findet man Antworten in der Geschichte der Fotografie und in der Intention der Fotografin, stets das Konkret-Menschliche im Fokus ihrer Arbeit zu halten, den persönlichen Ausdruck, die individuelle Erscheinung. Es geht ihr nicht vordergründig um visuelle Reize und gelungene Kompositionen. Sie spielen natürlich eine Rolle als Mittel zur Erreichung ihres zentralen Anliegens: das Menschliche und damit Verbindende in all den Szenen zu zeigen, die jüdisches Leben heute in einer kleinen Gemeinde und einer Stadt wie Erfurt charakterisieren. Hier wird jüdisches Leben nicht einfach illustriert und dabei auf Allgemeinverständlichkeit des Gezeigten abgezielt, wie man es von einer durchschnittlichen fotografischen Reportage erwarten könnte. Nein, weit darüber hinaus gelingt hier das Sichtbarmachen fragiler zwischenmenschlicher Geflechte, subjektiver Gesten und Befindlichkeiten. Im Zentrum immer wieder der menschlich berührende Moment, der dem einen oder anderen Augenzeugen vielleicht entgangen ist, nicht jedoch der feinen Wahrnehmung der Fotografin, die sich dabei als eine Künstlerin ihres Fachs erweist. Zur Kunst wird beobachtendes Fotografieren, wenn das in der Wirklichkeit häufig nur vorübergehend und kontingent Erscheinende im Bild die Form eines Besonderen gewinnt, das unsere Aufmerksamkeit nachhaltig auf sich zieht und zugleich als etwas Charakteristisches, allgemein Gültiges begriffen werden kann. So bleibt es über die Erinnerung an das konkrete Ereignis hinaus für uns attraktiv und bedeutsam. Bei Elena Kaufmann mündet das beobachtende Fotografieren immer wieder in eine Emphase des Menschlichen und Verbindenden, das zu erkennen sie in besonderer Weise begabt ist. Mit ihrer Arbeit zur Erfurter jüdischen Gemeinde reiht sie sich in eine Traditionslinie der Life-Fotografie ein, der verschiedene international agierende Fotografen vor über siebzig Jahren mit der Gründung von MAGNUM PHOTOS ein Credo verliehen. Henri Cartier-Bresson formulierte es später so: „MAGNUM ist eine Gemeinschaft auf der Basis gemeinsamer Intentionen, ist eine geteilte humane Qualität, eine Neugier auf das, was in der Welt vor sich geht und ein Respekt vor dem, was vor sich geht sowie ein Verlangen, all dies ins Visuelle zu übertragen.“

Impressionen

Vernissage Kunsthalle Erfurt 2018
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