DER WEIßE FADEN

Projektbeschreibung
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Bahaitum Buddhismus Candomblé Daoismus Evangelische Kirche Hinduismus Katholische Kirche Koreanische Methodistische Kirche International Mission Church Jehovas Zeugen Jesidentum Judentum Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage Russisch Orthodoxe Kirche Schiitischer Islam Shinto Sunnitischer Islam Wicca Atheismus Spirituelle Suche

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WER
IST
HIER
WER

Es ist ein offenes Experiment des Betrachters,
an dem er nur scheitern,
an dem er nur gewinnen kann.

20 Frauen.
20 Schicksale.

20 Frauen in gleichem Kleid.
Nichts lenkt ab.
Nichts deutet auf ihren Glauben.
Einzig der Blick in die Kamera.

20 Frauen erzählen von ihrem Leben,
den Zweifeln und der Hoffnung auf ihren Gott.
20 Frauen geben ihrem Glauben einen Namen.
20 Frauen sprechen über Religion.

Sind so anders, sind sich fremd und berühren sich doch.
20 Frauen kennen die Liebe und den Schmerz.
Kennen den Trost, den ein Gott gibt.
Ihn verweigert.

Fotografien und Texte sind nicht Lexika und nicht Wikipedia.
Sie sind sensible Beschreibungen von Glaubenswelten,
die Frauen durch ihr Leben helfen.
Keine Ausflüchte, keine Masken.

20 Frauen, die ihr Innerstes offenbaren, ihre Angst, die Hoffnung,
die oft genug auf einen,
auf i h r e n Gott baut.
Wie immer sie ihn nennen, wie immer er Ansehen hat in der Welt,
verehrt, verflucht, geliebt, verlacht.
In großer Ehrlichkeit steht eine jede zu ihrem Glauben.

Wer sehen will, wer verstehen und fühlen kann,
wird das starke Band ihrer Gemeinschaftlichkeit erkennen.

In diesem Sinne, lassen Sie uns nachdenken über das,
was uns verbindet und uns stark macht.
Eine Gemeinsamkeit der Anständigen und Aufrichtigen,
derer unsere Zeit bedarf.
Ohne Ansehen von Glaube und Religion.

Nein. Nein, es wird keine Auflösung geben. Ein jeder mache sich ein Bild.

Wer bist du.

Sie sind zum Nachdenken eingeladen.

Kunstprojekt
im Öffentlichen Raum

Vorurteilsfreie Begegnung von
unbekannten Menschen

Was bedeutet der Titel „DER WEIßE FADEN“? Es wurde die Metapher „der rote Faden“, der alles zusammen hält, aufgegriffen und durch das Spektrum des weisen Lichtes, das alle Farben enthält und diese maximale Vielfalt ausdrückt, ersetzt. Gleichzeitig steht die Farbe „Weiß“ für eine maximale Reduktion die sich durch das ganze Projekt zieht: in der Bildsprache, der Bekleidung, den Lichtverhältnis, bei der Bildkomposition und auch im Buchlayout.

Warum wurde so maximal reduziert? Wir lassen uns sehr schnell von Symbolen in unserer Meinung leiten und sehen nicht den Menschen dahinter. Das gleiche Kleid soll helfen, den Fokus auf den Menschen zu lenken.

Warum gibt es keine Zuordnung zwischen Portrait und Text? Menschen möchten sehr gerne zuordnen. Aber ist es wichtig Menschen zu sortieren? Das Projekt spielt mit diesem Widerspruch.

Warum 20 Frauen? Eine Ebene des Projektes ist die Rolle der Frau in der Gesellschaft und Religion. Die Aussage wäre nicht kräftiger, wenn es 40 wären. Mit 20 wird bereits ein umfassendes gesellschaftliches Spektrum gezeigt.

Warum KOKON? Es wurde ein besonderer Raum kreiert, der eine friedliche Koexistens der Religionen zeigen möchte. Eine Geburtsstätte eines neuen Gedanken, der sich wie ein Schmetterling auffalten und in die Welt getragen wird.

Ein Ratespiel um Identität und Glauben

Matthias Thüsing, EPD

Großformatige Portraits von 20 Frauen hängen in einem überdimensionalen Kokon. Alle tragen das gleiche helle Gewand, keinen Schmuck, nichts lenkt ab, allein Konzentration. Es ist die Religion, die die Frauen unterscheidet. Das wird deutlich anhand der Texte, die abseits im Pavillon Auskunft zu den Frauen und ihrem Glauben und also zu ihrem Leben geben. Es gibt keine Zuordnung von Text und Bild. Der Betrachter wird allein gelassen. Er kann nur ahnen. Er kann sich sein Bild. machen und wird sich oft genug erkennen in den Ängsten, den Anfeindungen der Frauen. Und er wird etwas von der Kraft ihres Glaubens spüren.

"Der weiße Faden" ist der Name des Kunstprojekts der Fotografin Elena Kaufmann und der Journalistin Antje-Maria Lochthofen, das erstmals für einige Monate im Jahr 2021 Neugierige anlockte - und einlud, den Kokon zu betreten, der wie ein Ufo auf dem auf dem Platz vor dem Erfurter Hauptbahnhof gelandet schien. Zu diesem Zeitpunkt hatte Kaufmann in ganz Deutschland 20 Frauen der unterschiedlichsten Glaubensvorstellungen gefunden. In Erfurt begannen dann die Arbeiten. Jede Einzelne fotografierte Elena Kaufmann unter exakt identischen Bedingungen, und am Ende hat sie auch noch am Ausstellungs-Kokon mitgebaut, in dem sie die Porträts zeigte.

Es geht ihr um Toleranz. Es geht ihr darum, den unvoreingenommenen Blick erneut zu erlernen. "Ich bin Ausländerin, habe in St. Petersburg studiert, aber man sieht es mir nicht an. Doch sobald ich den Mund aufmache, hört man den Akzent. Dann kommt sofort die Frage, woher ich komme." Nicht mehr die Person, sondern die Herkunft stehe dann im Mittelpunkt des Interesses. "Und natürlich sind Menschen, die anders aussehen und eine andere Religion leben, noch viel öfter mit solchen Frage konfrontiert." An der Muslimin etwa werde in solchen Momenten nur noch das Kopftuch gesehen. "Oft bleiben wir bei der Wahrnehmung unseres Gegenübers auf der Oberfläche, kleben nur ein Etikett auf diesen Menschen", sagt sie. Ihre Fotos dagegen zeigen die Frauen. Manche lächeln, andere schauen ernst in die Kamera. Es sind stille Aufnahmen. Keiner Frau ist ihre Religion anzusehen.

Über ihre Biografie und ihre Religiosität erzählen die sehr persönlichen Texte von Antje-Maria Lochthofen. Es sind Texte etwa über Zurückweisungen einer Pfarrerstochter durch vermeintliche Freunde in DDR-Zeiten oder eine Frau, die im Daoismus ein entschleunigtes, besseres Leben lernt. Buddhistinnen, Sunnitinnen, eine Atheistin, kommen zu Wort. Aber die Texte stehen für sich. Der Betrachter mache sich sein Bild.

Alle Versuche, die Texte den Personen zuzuordnen, würden irgendwann in er Erkenntnis eingestellt, dass dies schwerlich möglich sei, sagt Lochthofen. Erfahrungen, Glauben und Geschichte seien einem Menschen nicht anzusehen. Aber wenn man seine Geschichte kennt, ist Gemeinschaft zu spüren.
„Und vielleicht ist es ja interessant, das Projekt kommt ausgerechnet aus dem - wie es heißt - säkularen Osten. . .", sagt sie. "Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz machen Menschen kaputt. Unser Projekt will etwas dagegen tun. Wer sich Zeit nimmt wird stauen, wie ähnlich, wie nah wir uns sind. Es ein Angebot sich auf den Menschen einzulassen.“

Es ist ein Angebot, das nun nach Koblenz umzieht. Ob das Publikum in den alten Ländern anders reagiert als die Erfurter und ihre Reisenden auf dem Bahnhofsvorplatz, sei eine spannende Frage, sagt Elena Kaufmann. Das Projekt in Erfurt sei vor zwei Jahren sehr positiv aufgenommen worden. Vor allen von den jugendlichen Besuchern. "Das sind die ehrlichsten Kritiker", sagt die Künstlerin. Begeisterung und Ablehnung würden von Teenagern unverstellt gezeigt.

Die Gegend um den Erfurter Hauptbahnhof gilt als sozial schwierig. Doch der Kokon, Tag und Nacht für jeden zugänglich, blieb die meiste Zeit unbewacht. Gelobt wurde vor allem auch die friedliche Stille im Inneren des großen Weißen Raums. Und nur eine einzige Beschädigung an dem Kunstwerk gab es in Erfurt. "Jemand hat ein Stückchen Stoff aus dem Pavillon herausgeschnitten. Wie bei Christos verpacktem Reichstag." sagte Elena Kaufmann. "Das hat mich ein bisschen stolz gemacht."